Mahnverfahren: Geld-zurück-Garantie für den geplatzten Urlaub.
Wer richtig Pech hat, erlebt das Unheil genau so: Sachen gepackt. Strohhut aufgesetzt. Vor dem inneren Auge halten Sie schon ein kühles Getränk in der Hand. Sie bilden sich ein, den Duft von Sonnencreme auf der Haut bereits riechen zu können. Dann die Ankunft am Flughafen. Ein kurzer Blick auf die Anzeigetafel und die Worte, die alle Träume platzen lässt: Flug annulliert. In Nullkommanix ist die Urlaubsstimmung dahin. Und wenn Sie jetzt glauben, dass es doch nerviger nicht mehr werden kann, weigern sich derzeit immer wieder Fluggesellschaften und Reiseveranstalter annullierte Flüge oder stornierte Pauschalreisen zu erstatten. Obwohl Ihnen als Reisender eine Erstattung zusteht.
Viele Unternehmen versuchen sich mit Ihnen auf eine Erstattung in Form eines Gutscheins zu einigen. Dieses Angebot ist durchaus legitim. Denn die Reisebranche macht gerade eine schwere Zeit durch. Veranstalter und Airlines versuchen deshalb liquide Mittel – also Ihr Geld – im Unternehmen zu halten. Wenn Ihnen ein Gutschein angeboten wird, fragen Sie sich, ob Sie damit etwas anfangen können. Vielleicht wissen Sie schon, dass Sie im nächsten Jahr einen Urlaub planen und können den Gutschein dafür nutzen. Berücksichtigen Sie aber unbedingt, dass Ihr Gutschein wertlos wird, sollte das Unternehmen in der Zwischenzeit pleite gehen. Hier gilt: Sie müssen keinen Gutschein akzeptieren, sondern können auf eine Auszahlung bestehen.
Unternehmen spielen auf Zeit
Neben Gutscheinen greifen Veranstalter und Fluglinien aber auch auf weniger kundenfreundlichen Methoden zurück, um Ihre Pflichten zu umgehen. Kontaktanfragen werden nicht beantwortet, Stornierungen von verschobenen Flügen nicht akzeptiert. Die Unternehmen spielen damit auf Zeit, um eine Verjährung Ihrer Ansprüche zu erreichen. Doch weder die Behauptung, durch Covid-19 sei eine höhere Gewalt im Spiel, noch ein Ignorieren Ihrer Anfragen schmälern Ihren Anspruch. Sie haben das Recht auf eine Erstattung.
Und Sie haben gleich mehrere Möglichkeiten, um renitenten Zahlungsverweigeren die Tour zu vermasseln. Als Erstes sollten Sie das Unternehmen schriftlich zur Erstattung auffordern und dabei eine genaue Frist setzen. Bei Pauschalreisen sollten Sie dem Veranstalter 14 Tage Zeit geben, bei Flugtickets ist eine Frist von 7 Tagen rechtlich ausreichend. Für dieses erste Schreiben können Sie zum Beispiel auf Musterbriefe der Verbraucherzentrale zurückgreifen:
- Musterbrief “Annulierter Flug”: https://www.verbraucherzentrale.de/sites/default/files/2020-04/Musterbrief-Flug-annulliert_0.pdf
- Musterbrief “Stornierte Pauschalreise”: https://www.verbraucherzentrale.de/sites/default/files/2020-05/Musterbrief_wg_Corona_stornierte_Pauschalreise.pdf
Sollte eine Fluggesellschaft nach 7 Tagen nicht gezahlt haben, können Sie sich kostenlos an die zuständige Schlichtungsstelle wenden. Je nach Airline ist entweder die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personennahverkehr (Söp) oder das Bundesamt für Justiz (BfJ) zuständig. Einen Antrag auf Schlichtung bei der Söp (Link: https://soep-online.de/ihre-beschwerde/online-formular-flug/) können Sie ganz einfach online stellen. Wenn die Airline, bei der Sie gebucht haben nicht im Formular auswählbar ist, ist das BfJ für eine Schlichtung zuständig. Dort müssen Sie schriftliche einen Antrag stellen. (Link: https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Buergerdienste/Luftverkehr/Service/Formulare/Formulare_node.html) Die Schlichtung ist für Sie komplett kostenlos. Da die Rechtslage eindeutig auf Ihrer Seite ist, wird die Airline hier in den allermeisten Fällen sehr bald eine Rückzahlung veranlassen.
Auch Privatpersonen können Mahnverfahren in Gang bringen
Anders als bei einfachen Flugreisen führt der Weg bei Pauschalreisen nicht über eine Schlichtungsstelle. Sie haben stattdessen nach Verstreichen der Frist von 14 Tagen die Möglichkeit, über ein gerichtliches Mahnverfahren an Ihr Geld zu gelangen. Solch ein Mahnverfahren ist auch der nächste Schritt, sollte das Schlichtungsverfahren mit einer Fluglinie ohne Erfolg bleiben. Mahnungen kennen wir normalerweise von Unternehmen, die uns mit Nachdruck an verpasste Zahlungen erinnern wollen. Aber auch Sie als Privatperson können sehr einfach ein Mahnverfahren in Gang bringen, um eine Rückzahlung von einem Unternehmen zu erzwingen. Hierfür können Sie einen sogenannten Titel erwirken, mit dem Sie Ihre Forderung zwangsvollstrecken können. Dazu müssen Sie im ersten Schritt ein automatisiertes gerichtliches Mahnverfahren auslösen. Das geht ganz einfach online über www.mahngerichte.de oder www.mahnbescheide.de. Die Kosten sind abhängig von der Höhe des sogenannten Streitwerts, also der Höhe der Forderung. Hat Ihre Reise zum Beispiel 1299€ gekostet, betragen die Verfahrenskosten 35,50€. Je höher die Forderung, desto höher auch die Kosten. Eine Kostentabelle finden Sie hier.
Im Mahnverfahren erhält der Schuldner – in Ihrem Fall der Reiseveranstalter oder die Airline – dann eine letzte Möglichkeit die Forderung zu begleichen oder Widerspruch einlegen (was aus Erfahrung aufgrund der klaren Rechtslage nicht passiert). Sollte das Unternehmen wieder nicht auf den Mahnbescheid reagieren, erhalten Sie den oben genannten gerichtlichen Titel, der Ihren Sorgen endgültig ein Ende bereiten wird. Mit ihm können Sie einen Gerichtsvollzieher beauftragen, Ihre Forderung bei der Fluglinie oder dem Reiseveranstalter einzutreiben. Wenn Ihnen der Reisepreis endlich erstattet wurde, haben Sie sich Ihren nächsten Urlaub auf jeden Fall verdient.
Weiterführende Informationen:
“Gerichtliches Mahnverfahren einleiten” – Artikel der Verbraucherzentrale